Woher wir kommen

Auf dieser Seite erzählen wir Euch kleine Geschichten im Spiegel der großen Geschichte, die mit unserer Heimvolkshochschule zu tun haben. Sie sollen einen Eindruck von der bewegten Vergangenheit vermitteln, die wir in unsere Gegenwart und Zukunft mitnehmen.

SAJ-Stein

Der Stein

Die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) gründete im Jahr 1925/1926 unser Bildungshaus. Hier wollten sie gleichberechtigt zusammenleben, sich selbst bilden und ihre Freizeit gestalten. Sie bauten selbst das Haus aus, rodeten den Wald, legten eine Wasserleitung von einer nahen Quelle. Vor dem Haus platzierten sie einen Felsbrocken und meißelten „SAJ“ ein. Dies war nun ihr Heim, ein Ort demokratischer und sozialistischer Bildung.
1933 kamen die Nazis mit Waffen und nahmen das Haus ein. Die SAJ hatte vorher noch den Felsbrocken so gewendet, dass der Schriftzug nicht zu sehen war: Die Aufschrift war verborgen, doch es blieb ihr Haus. Die Nazis meißelten „BDM“ auf die nun sichtbare andere Seite des Steins.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte die SPD Haus und Gelände zurück. Endlich konnte der Felsbrocken wieder auf die richtige Seite gewendet werden.

Was bleibt: Nie wieder Faschismus - das ist ein Arbeitsauftrag für die Demokratie!

Der Apfel

Ende der 1930er Jahre kommen zwei Jungen an dem Gelände vorbei. Die Nazis hatten das Victor-Adler-Heim bereits 1933 mit Waffengewalt eingenommen. Nun zieren Schilder „Achtung: Selbstschussanlagen“ den Zaun. Das Gelände ist wie eine Festung gesichert.
Doch die Jungen finden eine Lücke im Zaun und pflücken sich zwei Äpfel. Auf dem Heimweg fragen sie sich mit schlechtem Gewissen: Ist es Diebstahl, Dieben etwas zu stehlen?
2019: Das Telefon klingelt. Ein Professor aus Hannover ist am Telefon. Er habe noch eine Schuld abzutragen. Er erzählt mir von den beiden Äpfeln, die sein Bruder und er geklaut hatten. Wir einigen uns: Wir haben den Jungen die Äpfel geschenkt. Er spendet trotzdessen. 

Was bleibt: Wir wollen fördern, dass Menschen persönliche Verantwortung übernehmen. Dazu bedarf es gemeinsamen Nachdenkens.

Der Apfel
Stuhlkreis

Der Stuhlkreis

Wieso überhaupt ein Stuhlkreis? Viele Teilnehmende fragen sich das, wenn sie in der Erwachsenenbildung Seminare oder Workshops besuchen. In Springe wurde der Stuhlkreis direkt nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt und das mit gutem Grund: Der Stuhlkreis kennt kein „vorne“ und „hinten“, er repräsentiert gleiche Freiheit und Würde aller Beteiligten, das gemeinsame, demokratische Lernen.
So führt denn auch Erna Blencke nicht nur den Stuhlkreis, sondern auch das Sokratische Gespräch ein, in dem Leitende Gerechtigkeitsdiskurse auf Augenhöhe mit Teilnehmenden führen.

Was bleibt: Noch heute sitzen Seminargruppen bei uns häufig im Stuhlkreis und diskutieren auf Augenhöhe miteinander.

Die Widmung

Erna Blencke war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste Schulleiterin in Springe. Menschen, die sie noch gekannt haben, beschreiben sie als eine beeindruckende Persönlichkeit mit großer moralischer Integrität und Glaubwürdigkeit. Erna gehörte zu den ethischen Sozialist*innen rund um Leonard Nelson, Willi Eichler und anderen.
Zum Abschied aus Springe schenkte sie der Schule Nelsons Hauptwerk mit einem Zitat von ihm als Widmung: "In Wahrheit kann der Pädagoge von der Bestimmung der durch ihn zu erziehenden Menschen überhaupt nicht hochgenug denken."

Was bleibt: Auch wenn wir heute es anders formulieren würden, die Grundidee bleibt: Wir sind überzeugt, dass Menschen positiv an der Gesellschaft mitwirken und ihr Potenzial nutzen wollen. 
 

Erna Blencke und Widmung

Wie die Pizza an die Schule kam

In den 1950er und 60er Jahren begann die Zeit der Gastarbeiter, aber auch des Tourismus. Italien wurde zu einem beliebten Reiseziel der Deutschen. Und so kam es, dass sich die italienische Opernsängerin Luisa Villa in einen Mann aus Springe verliebte, die Bühne verließ und ihm aus Liebe nach Niedersachsen folgte. Sie hatte an der Mailänder Scala, mit Maria Callas und unter Herbert von Karajan gesungen. Nun lebte sie in Springe.
Doch der Mann verließ sie und ihre Kinder. Nun stand sie allein in einem fremden Land und mit fremder Sprache da.
An unserer Schule fand sie ein neues Zuhause. Sie brachte auch die Pizza nach Springe und bald schon war es für die Teilnehmenden das Highlight der Woche. 
Sie hat dazu selbst ein lesenswertes Interview gegeben:

Was bleibt: Auch heute werden wir an unserer Schule durch unterschiedliche Erfahrungen, kulturelle Hintergründe und Herkünfte bereichert.

Luisa Schneider